(411) Zwei Buchstaben

Manchmal ändern kleine Dinge etwas Großes. Zwei Buchstaben zum Beispiel in einem Nachnamen. So hieß die sogenannte Ansprechpartnerin bei der gesichtslosen Hausverwaltung schon immer Frau Grotzke, von heute auf morgen steht „Frau Krötzke“ auf der Pinnwand im Treppenhaus, bei unveränderter Kontaktadresse. Zwei unscheinbare Lettern machen aus der Ansprechpartnerin eine Ansprechpartnerin. Das zeigt sich daran, dass sie antwortet.

Es begann mit der Türklingel. Die war defekt und Besucher, so sie denn kamen, meist in Gestalt von Paketboten für Frau K. oder als Babysitterin,  mussten die auf dem Klingelschild angegebene Handynummer von Frau Life Science anwählen, um Einlass zu erhalten. Möchten Sie dauerhaft ihre private Handynummer auf einem Klingelschild im Freien veröffentlichen? Ne, oder?

Alle Versuche, in dieser Angelegenheit Hilfe zu erlangen, scheiterten. Der Hausmeister, der immer gleich parat ist, war hier nicht zuständig und auch nicht im Besitz des erforderlichen Spezial-Schraubenschlüssels. Frau Grotzke stellte sich tot, ungeachtet der angedrohten dreiprozentigen Mietminderung.

Doch im Zuge des Wirkens der wunderbar verwandelten Frau Grotzke-Krötzke erscheint eines Morgens tatsächlich ein leibhaftiger Handwerker im Haus, macht sich mittels Anklopfen an der Wohnungstür bemerkbar und prüft den Zustand der Klingelanlage. Ergebnis: Sie ist nicht defekt, sondern lediglich ausgeschaltet. Das ist Frau Life Science jetzt schon peinlich, dennoch wünscht sie, dass eine Hausverwaltung sie bei Bedarf betreut, auch hinsichtlich ihrer Dummheit.

Die Klingel ist also wieder „repariert“, und das gibt Frau Life Science den Mut, auch in Sachen Berliner Kastendoppelfenster noch einmal einen Vorstoß zu wagen. Der Herbst steht bevor, die Temperaturen sinken äund die Aussicht auf vollkommen blickdichte Kondenswassergardinen, die man täglich mit 17 Geschirrtüchern oder alten T-Shirts vom Lifescientisten trocken wischen muss, damit die Fenster nicht noch mehr Wasserschäden erleiden, ist nicht gerade erfreulich.

Am Wochenende hat Frau Life Science die Fenster-Mail geschrieben: „Sehr geehrte Frau Krötzke…“ Am Montag um 8:35 Uhr ist die Antwort in der Mailbox. Sie enthält die Zauberworte „Mängelbeseitigung“, „Firma“ und „beauftragt“ und wenige Minuten später klingelt gar das Telefon zwecks Terminvereinbarung. Es ist sagenhaft. Dankeschön, sehr geehrte Frau Krötzke!

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Gehören vielleicht bald der Vergangenheit an: Kondenswassergardinen bei Berliner Kastendoppelfenstern

7 Gedanken zu “(411) Zwei Buchstaben

  1. 😱 Kommentierfunktion?
    Ich hab mich ja fast nicht getraut, auf die Sprechblase zu klicken, weil es hätte ja auch eine digitale Fata Morgana sein können…
    Vielleicht denkt der anonyme Investor, dass wenn man auf die Anfragen der Mieter reagiert das Klima in Berlin investorenfreundlicher bleibt? Ich hoffe jedenfalls für Euch, dass es so weiter geht!

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  2. Oh, wie schön! Da freut sich die Frau B aus C in K, liest sie doch schon lange mit und erfreut sich der Normalogeschichten aus der Hauptstadt und anderswo. Weiter so, denn Blogs wo man nichts kaufen darf, sind die Besten!

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