Unalltag 26

Noch bevor Frau Life Science ihre Ein-Personen-Demonstration durchführen konnte: Man darf zeit zwei Tagen wieder in Teltow/Brandenburg wieder auf dem Bänkchen und unterm Kirschbaum sitzen. Chapeau!
Rechtzeitig zur Blütensaison machen viele Infektionsgemeinschaften von ihrem Recht Gebrauch.

Apropos Rumsitzen: In Lichterfelde West rollt nach wie vor die Eis-Saison gut an, die Kunden nehmen für den Freiluft-Eisgenuss jede denkbare Sitzgelegenheit in Anspruch – außer die Stühle VOR dem Geschäft. Top-Lösung!

Direkt gegenüber von der florierenden Eisdiele befindet sich ein Fachgeschäft für Küchenutensilien, das seit Mitte März geschlossen hat. Frau Life Science fragt sich: Was ist in einer Krise wichtiger? Eis essen oder einen Topf oder Deckel kaufen, gerade wenn man sich dieser Tage vermehrt zuhause verpflegen muss? Wie hoch ist oder war die Infektionsgefahr in einem Topfgeschäft bei Einlassregel und Maskenempfehlung oder -Pflicht? Auch diese kleine Schließung verursacht Kosten, die an dringenderer Stelle gut investiert gewesen wären. Hoffentlich macht das Geschäft am Montag wieder auf.

Am Managament des örtlichen REWE sind auch keine Infektiologen verloren gegangen. Der Typ mit der Schlafmaske aus dem Flugzeug vor dem Mund desinfizierte zeitweise die Einkaufswagengriffe, nachdem man sich seinen Wagen aus der Abstellfläche geholt hatte, anstatt die Desinfektion VOR der Benutzung des nächsten Kunden durchzuführen. Auch sprühte der Herr einige Tage lang die Hände der Kunden gleich mit ein, aber als Frau Life Science an einem Tag ihre Fingerchen gewohnheitsmäßig hinhielt, meinte der Bedienstete, das Mittel sei nur für Flächen geeignet. War es am Vortag wahrscheinlich auch. Aber man kann ja mal irgendwas auf Leute sprühen, was man sich auch nicht vorher durchgelesen hat.
Der Lifescientist, der auch öfter am genannten Ort einkauft, kennt den Schlafmaskenträger gar nicht und kauft immer vollkommen unbesprüht und ungeschützt ein. Corona wird im REWE nämlich jeden Tag anders bekämpft.

Es geht nicht nur im REWE kurios zu. Angestellte im Bereich des neuen Virus-Managements, die Anstehschlangen coachen und dem Einzelhandel oder der Postfiliale den Anschein von „Wir haben die Viruslage im Griff“ vermitteln, scheinen oft nicht die geringste Sachkenntnis von Hygiene und noch weniger diesbezügliches Interesse oder ein Verantwortungsgefühl zu besitzen, was sich höchstwahrscheinlich durch mangelnde Qualifikation und noch schlechtere Bezahlung erklärt. Dabei wären solche Maßnahmen, mit Sachverstand durchgeführt, vielleicht unsere einzige Chance, auf lange Sicht ein normaleres Leben zu führen.

An der Kundenfront ist es auch nicht viel besser. Drollig findet Frau Life Science Kunden, die mit Handschuhen (was aus medizinischer Sicht als kontraproduktiv gilt) aber ohne Gesichtsschutz (was empfohlen wird) einkaufen. Das wird getoppt von der Einkaufstechnik mit EINEM Handschuh, die andere Hand bleibt nackt. Wie genau geht denen ihr Trick? Was machen sie mit der einen, was mit der anderen Hand?

Die alleinerziehende Nachbarin fragt auf der Straße, wie hoch genau das Bußgeld in Berlin wäre, wenn sie jemanden zum Geburtstag der Tochter einlädt, die am Sonntag drei wird. (Berliner Bußgeldkatalog, § 14) Offenbar befindet sich die Mutter momentan in einem Prozess der Abwägung. Man muss die Einhaltung einer Verordnung ja auch verantworten können.

Wieder ein „On Line“-Angebot für aufmunternde Sprüche in der Carstennstraße

5 Gedanken zu “Unalltag 26

  1. Wurde heute auch zum ersten Mal im Laden wie selbstverständlich mit einem nicht näher ausgewiesenen scharf riechenden Mittel „zwangsdesinfiziert“, (also die Hände) und fragte mich kurz, mit welcher Berechtigung Geschäfte das gerade eigentlich tun. Stell dir vor, Finger ins Ohr stecken vor Benutzung des Einkaufswagens gelte als schützend (was bei der vage verteilten Dosis Sprühnebel auf Handgelenk und Jacke wohl etwa dieselbe Wirkung hätte). Müsste ich mir dann den Finger des Herrn mit Mundschutz im Ohr gefallen lassen um danach meinem Einkauf nachgehen zu können?😜 Ja, „Genau hinschauen, selbst denken, fragen“ fehlt meiner Meinung nach noch unter den Ermutigungssprüchen…

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  2. Hier im schönen Québec wird nur eingelassen, wenn man die Fragen richtig beantwortet hat (Frage 1 Symptome? Frage 2 Kontakt? – Bin mir allerdings nicht sicher, ob dies skrupellose Personen vom Lügen abhalten kann.). Dann geht es zum Hände waschen, während ein Jüngling im fortgeschrittenten Teenageralter einem ein desinfiziertes Wägelchen bereitstellt. Im Supermarkt ist den Pfeilen zu folgen und Abstand zu halten. Natürlich gibt es Menschen mit Masken und Handschuhen, aber das sind wenige. Es wird noch von der Kassierin, die hinter Plexiglas lebt gescannt. (Ist in der Apotheke nicht so, da darf man das selbst, unter Verrenkungen wohlgemerkt.) Die Einkäufe muss man nun selber einpacken, was vorher verpönt war. Da mir vor einer Woche mein Trockner hops gegangen ist, hätte ich den gerne repariert, allerdings ist das gerade kein essentieller Service. Schade. Nun leben wir mit Wäschespinne und die Kinder meinten die Handtücher könnte man auch als Schmirgelpapier benutzen. Leider könnten wir noch nicht draussen trocknen, das es noch zu kalt ist. Aber ansonsten ist es hier wirklich viel strenger als was ich so aus Deutschland höre. Lustigerweise lobt unser Legault immer wie es in Deutschland abläuft und wir grinsen uns dabei immer alle an, da wir ja wissen, dass es hier viel genauer genommen wird. Bei uns gibt es nämlich bis zu 1000 Dollar Bussgeld, wenn man in der Öffentlichkeit die zwei Meter nicht einhält. Im Nachbarort wurde letztens eine Hausparty aufgelöst (die Nachbarn hatten gepetzt) und jeder Teenager ging mit einem saftigen Bussgeld nach Hause. Der Mindestlohn ist in Québec bei 12.50 Dollar, um die 1000 Dollar einordnen zu können. Leider sind wir von Lockerungen weit entfernt. Und bei der Ankündigung die Schulen würden bald vielleicht wieder geöffnet werden, ging ein Aufschrei durch die Bevölkerung. So tendiert man wohl zum Nein. Auch die Kinder meinten, sie möchten lieber keine Versuchskarnickel sein….nun hoffe ich, dass es wenigstens zum neuen Schuljahr im September wieder losgehen kann….

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    1. Hallo Frau B aus C in K,
      Hände waschen, wie macht ihr das denn?
      Das mit der Schule ist hart. An der Kindergartenfront sieht es bei uns auch nicht gut aus…
      Wünsche gutes Durchhalten. Gründliches Abreiben mit Schmirgelpapier stählt den Körper und stärkt die Selbstdiziplin!
      Alls Gute!

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      1. Das mit dem Hände waschen ist ganz einfach. In einem Supermarkt gab es sowieso schon immer ein Waschbecken, das wird jetzt benutzt. Nur der Sicherheitsmann, der einem dabei auf die Finger schaut, macht ein wenig Angst. In dem anderen gibt es so Rock-am-Ring-Waschbecken, da fühlt man sich gleich ein wenig jünger, das ist übrigens zur Zeit mein Lieblingssupermarkt. Wahrscheinlich wegen dem Flashback, oder der körperlichen Zusatzbetätigung, denn das Wasser wird mit dem Füsschen gepumpt 😉

        Alles Gute auch nach Berlin!

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