Frau Life Science hat’s dieses Mal nicht kommen sehen, als der Forschernachwuchs ein blitzblankes, druckfrisches Sticker-Album zur EM 2024 aus dem Fußballtraining mit nach Hause brachte.
Der Forschernachwuchs ist ein Sammler vor dem Herrn. Wenn schon Pokémon-Karten, Tiersticker vom örtlichen Lebenshändler, Briefmarken und jeden dritten Stein auf der Straße, warum nicht auch Fußballaufkleber, dachte sich Frau Life Science?
Die Sticker kosteten pro Pack ein Euro, könnte also schlimmer sein, und Kind ist beschäftigt, lernt Ländernamen und kann mit andern Kindern tauschen. Soweit so banal.
Nun ist die EM längst abgepfiffen. Das genannte Album hat bereits einen Wasserschaden und ist auf Seite 11 eingerissen, aber ist noch nicht mal halb vollgeklebt. Es beinhaltet nämlich nicht weniger als 800 zu bestückende Klebefeldchen, in Worten:
Achthundert.
Wer soll das überblicken und schaffen. Und ist so ein Stickeralbum nicht eine klassische Kinderaktivität? Warum wird bei allem und jedem erdenklichen Alltagsding inzwischen die Grenze des Denkbaren gesprengt?
Frau Life Science fühlt sich verpflichtet, den Forschernachwuchs bis zum Abschluss des Projektes zu unterstützen. Man hört doch nicht mitten drin auf, mit einer viertel deutschen Mannschaft! Wo kommt man da hin?
Im örtlichen Kiosk fehlt es permanent an Nachschub in Sachen Sticker-Packs. Der Betreiber legt pflichtschuldigst Rechenschaft ab, wann er bestellt hat und wie schnell sie weg waren.
Im Urlaub kauft Frau Life Science darum gleich mal den ganzen Bestand der blauen Päckchen an der Kasse auf. „Die da? Alle?“, fragt die Verkäuferin unsicher. „Ja, alle.“
Dass die Sticker im den Packs hinsichtlich der Länderzugehörigkeit immer ungleich verteilt sind und Verknappung das Prinzip ist: geschenkt.
Mangels Tauschpartnern (wenige Freunde sammeln diese Sticker) will Frau Life Science sich nun endlich auf der Tauschwebseite anmelden um das Vorhaben weiter zu bringen. Aber kaum hat sie sich eingeloggt – sämtliche Spitznamen ihres Sohnes gibt es 283 mal – wird sie von mehreren Seiten gleichzeitig angeschrieben. Durch einen unbedarften Klick stimmt sie unversehens einem Tauschhandel zu, von dem sie beim besten Willen nicht sagen kann, ob sie die Sticker dafür vorliegen haben bzw. die angebotenen überhaupt benötigt werden. Hilfe!!!
Das sei jetzt aber unschön, meint ihr Tauschpartner gereizt, als Frau Life Science einen Rückzieher macht.
Frau Life Science findet es auch UNSCHÖN, dass sie auf der am schlechtesten programmierten Webseite ever als fachfremde Person den Tausch von mehreren hundert Stickern koordinieren muss, in sich zeitlich überlagernden Tauschgeschäften, und das im Urlaub.
Irgendwie klappt es trotzdem mit den ersten Tauschhandeln, sodass sie einige Briefe zur Post bringen und welche empfangen dürfen. Eine Anzahl gesuchter Sticker gegen eine Anzahl anderer doppelt vorhandener Sticker; und jeder Tauschpartner entrichtet lediglich das Porto. Tolle Idee, die im Prinzip funktioniert. Menschen kooperieren ja gerne.
Das Album füllt sich dennoch nur schleppend.
Es kostet Frau Life Sciene viel Kraft und gehört zu den Dingen, die sie im Urlaub am allerwenigsten gerne mache möchte: Komplizierte Vorgänge am PC überwachen und Verpflichtungen mit fremden Menschen eingehen.
Nur dem Forschernachwuchs ist nichts zu viel. Er zählt und listet auf, tütet ein, bringt zur Post und gleicht wieder und wieder mit Frau Life Science auf Zuruf Listen ab. „Kannst du eigentlich noch?“, fragt Frau Life Science. „Ja schon!“, meint er nur. Und wenn es ein normales Album wäre, wäre es bei seinem Einsatz längst voll. Und manchmal blättert er auch einfach darin und guckt es lange an. Ein Sammler eben.
Völlig unwissend würde mich interessieren, wie viele Sticker sind denn im Ein-Euro-Päckchen?
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Es sind 6 Stück 🙂
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Ja, das könnte hinkommen mit dem Betrag!
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