Ich bin eine Mama in der Eingewöhnung und will hier raus

Eingewöhnungen sind die Zeitabschnitte im Leben von Eltern, wo Sie einen Betreuungs-Vertrag und eine funktionierende Betreuungs-Einrichtung, aber dennoch keine Betreuung haben, und sie sich täglich fragen, für wie lange noch.

Mit der Dauer von Eingewöhnungen ist es kompliziert. In groben Zügen ist es so: Wenn sich das Kind schnell einfindet, zu schnell, ist das kein gutes Zeichen. Wieso bindet es sich so leichtfertig, ist es womöglich nicht sicher gebunden? Da muss man genau hinschauen. Ein längerer Eingewöhnungsprozess ist zu erwarten.

Wenn sich das Kind schwer tut mit dem sich Einfinden, dann dauert die Eingewöhnung anders lange.

Man steckt nicht drin. Das einzig Sichere ist, dass das Ende des Prozesses nicht vorher genannt wird. Es wird bestimmt von ihrem Fachpersonal und Sie erfahren es zu gegebener – Ihnen nicht gegebener – Zeit.

Eingewöhnung heißt auch, Ihr Kind gewöhnt sich in Dinge ein, die so nicht sind. Noch nie war Mutti passiv und schaute der Dreieinhalbjährigen stundenlang still beim Spielen zu, während drei kompetente Erwachsene mit im Raum waren. Was sie realistischerweise tun würde: schwätzen oder abhauen. Statt dessen bleibt sie bis viertel nach 11 und morgen auch und sagt nicht viel.

Überhaupt geht das mit der Eingewöhnung anscheinend am besten mit Mama, denn Mama hat sich sich schon lange abgewöhnt. Sie müssen wissen: „Die Eingewöhnung” ist nicht nur grammatikalisch weiblichen Geschlechts.

Aus kultischen Gründen soll das Kind in der Einrichtung noch nicht Mittagessen oder essen (Dabei beginnt im richtigen Leben jede menschliche Gemeinschaft beim miteinander Essen). Wir sagen Tschüss bis morgen. Ihre Fachkraft hat es im Gespür.

In zwei, drei Jahren kann die Kleine theoretisch zur Schule gehen. Ganz ohne Eingewöhnung, mit doppelter Kinderzahl, nicht erscheinender Pausenaufsicht und mit Mensa-Essensabfertigung.

Frau Life Science meint: Es wird Zeit, sich das „Berliner Modell“ der Eingewöhnung abzugewöhnen, besonders für ü3-Kinder. Wie wäre es, statt dessen in Kooperation mit allen an der Eingewöhnung Beteiligten ein individueller Ankunftsplan zu erstellen, der Wünsche und Bedürfnisse der Eltern (z.B. Miete zahlen, Zurechtkommen, Erwachsen sein) als zumindest gleichberechtigt bewertet, neben dem Wunsch des Kindes, die Kita bis zur Einschulung zusammen mit der eigenen Mutter zu besuchen? Zwischen den eventuell einander entgegenstehenden Interessen von Eltern, Kind und der Einrichtung könnte eine sinnvolle Balance ausgehandelt werden. Falls diese zufällig das Berliner Modell sein sollte, dann ist es auch gut. Das ist jedoch eher unwahrscheinlich.

Romantische Vorstellungen, Mütterkulte und pädagogische Wolkenkuckucksheime sind hinter sich zu lassen. Die sind ohnehin die Wurzel allen Übels, Fachkräftemangel, Ehescheidungen und Burn Out. Hier zeigt sich pädagogisch gesehen nochmal eine besondere Fachlichkeit: im Anerkennen und Würdigen der soziokulturellen und individuellen Realitäten.

Die Arbeit der Eingewöhnung müssen schwerpunktmäßig die MitarbeiterInnen der Einrichtung übernehmen und sie tun es ja auch schon. Das Gute ist: Die können das. ErzieherInnen können Vertrauen aufbauen, Beziehungen stiften, sie können stärken, ablenken, begeistern. Falls sie dies in seltenen Fällen nicht beherrschen sollten, hilft übrigens auch kein Berliner Modell.

Eine Mutter ist bei der Eingewöhnung einer Dreieinhalbjährigen so hilfreich wie ein Professor beim Bügeln oder eine Schnake beim Einschlafen.

PS:

Letztendlich hat es geklappt und ging +/- 1 Woche. Seither handeln die Eltern morgens länger aus, wer Herzmädchen bringen DARF, weil sie so einen Spaß hat beim Hingehen. Danke, neue Kita, dass es euch gibt!

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