Von wegen immer dieselbe Leier! Der Leierkastenmann in der Schloßstraße führt auf einem kleinen Zettel Buch über alle am Tage des Auftritts „runtergekurbelten“ Melodien und vermeidet tunlichst jede unnötige Wiederholung seiner eigenen Liebhaberstücke.
Regelmäßig klappt der Straßenmusiker seinen Leierkasten auf, entfernt die gerade abgelaufene Rolle und tauscht sie gegen eine neue aus, die er aus einer der Schubfächer in der Drehorgel entnimmt.

Ja, genau! Die Musik kommt tatsächlich von der Rolle. Vergessen Sie Mikrochips und dergleichen. Hier ist nichts elektronisch! Es ist ein hoffnungslos analoges Lochband, das die Ventile der Orgelpfeifen steuert. Mit der mechanischen Kurbelbewegung wird das Band nach und nach abgerollt und zugleich der nötige Luftzug für die Pfeifen erzeugt.
Je nach Position eines jeden Lochs im Streifen wird über das damit aktivierte Ventil die jeweilige Pfeife mit Luft gefüllt und ein Ton ausgelöst. Je kürzer die Pfeife, desto höher natürlich der Ton. In der so „programmierten“ Abfolge und Gleichzeitigkeit von Pfeiftönen erklingt die Melodie.
Es erinnert ein bisschen an solche Spieluhren mit den Noppen auf einer Walze, die man manchmal ohne Gehäuse sieht. Je weiter rechts die Noppe steht, desto tiefer ist der von ihr ausgelöste Ton.
Bei den Drehorgeln gibt’s auch Noppenwalzen als „Datenspeicher“. Es sind wohl die Vorgänger der Lochband-Orgeln. Ob Noppen oder Loch – Dateninfo bleibt Dateninfo.
Und analog bleibt analog. Es hat so manche Vorteile. Auf zerkratzte Kinder-CDs, die man keine Sekunde ohne Hopser hören kann, würde Frau Life Science jedenfalls gerne verzichten. Her mit den Lochbändern!