Aus den Medien ist zu entnehmen, man müsse Ansteckungen jetzt nicht mehr nur noch verhindern, sondern auch verhinderern. Wegen der neuen Mutation. Des neuartigen Virus. Oder der allerneusten neuen Mutation des neuen Virus. Alles neu neu macht 2020!
Her Drosten äußert sich wegen eben dieser Mutation am 21.12. nicht übermäßig besorgt, am 22.12 warnt er, um dies am 23.12. erneut zu relativieren. Jeden Tag geht ein anderes Türchen auf. Und während sich die öffentliche Pandemiebewältigung durch die zweite Welle larviert, hat das Virus still und unerkannt die genetisch nahe, räumlich ferne Familie von Frau Life Science erreicht. Und man fragt sich beinahe, was schlimmer ist: die Krankheit selbst oder ihre psychosozialen Umstände zu wuppen. Das Fiese ist auch gerade die Mischung.
Bei Obi gabs mannshohe Weihnachtsbäume geschenkt – tagelang, man musste sich überhaupt nicht beeilen, wenn man einen wollte. Bäume für umme wegen Corona. Hä, wie? Fragen Sie nicht! Corona schenkt die falschen Dinge und nimmt die falschen weg.
Für einen Weihnachtsbaum braucht man überraschenderweise auch einen Christbaumständer. Nein, lieber Lifescientist, der Baumarkt hat NICHT offen, Lockdown ist nicht gleich Lockdown. Nein, es gibt keine Logik und nein, Bestellen reicht nicht mehr.
Aber der Sonderpostenmarkt OnlineKleinanzeigen hat durchgehend offen und da sind neben Baumständern auch Krippenfiguren vorrätig, sogar schöne, wenn auch erstere unter anderer PLZ als letztere und die Baumkerzenhalter, die nicht rechtzeitig geliefert werden, gibt’s wieder woanders. Die reinste Schnitzeljagd mit nahender Deadline. Macht direkt ein bisschen Spaß.
Derweil wird auf allen Kanälen gefragt und geforscht, wo welches Versandgut irgendwelcher Mitbürger gelandet sein könnte. Von Hausnummer 1- 26 hängen Plakatkopien an den Eingängen, mit denen eine Nachbarin nach einer verlustig gegangenen Sendung fahndet. In den örtlichen sozialen Netzwerken sind ebenfalls jede Menge Paketdetektive in eigener Sache unterwegs. Auch Frau Life Science muss im anderen Stadtteil ein windiges Paketzentrum finden, noch schlimmer einen Parkplatz in der Nähe, und ihr Paket mit Baby-Zubehör, über dessen Annahme am falschen Ort sie auch nur investigativ erfahren hatte, abholen. Ein anderes Päckchen hat vor wenigen Wochen das Nachbarskind erhalten und geöffnet. Gut, dass es zufällig ein Kinderbuch war! Der Nachname auf der Infokarte gehörte einer dritten, völlig unbeteiligten Person.
Aber gut, dass wir uns dieses Jahr mit den erschwerten Konsumbedingungen endlich mal, gerade an Weihnachten, auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben konzentrieren können, wie es pseudo-tiefsinnige Radiosendungen verlautbaren lassen. Das wirklich Wichtige? Was war das doch gleich? Ach so, stimmt: menschliche Nähe. Gemeinschaft. Zusammensein. Mööööööp!
Was Frau Life Science angeht: die Großfamilie vermisst sie an sich – aber nicht speziell an Weihnachten oder da mehr.
Was gefehlt hat, wäre ein schöner Familiengottesdienst gewesen. Eine der nahen Stadtteilkirchen bietet nach allen verständlichen Absagen ringsum immerhin eine stille Einkehr an, also so still Fünfjährige halt einkehren, mit Orgelmusik und schlichten Gebets- und Segensworten einer talarlosen Pfarrerin an die vereinzelt kommenden und gehenden Schäfchen. Ordner überwachen den sicheren Ablauf, Kirchenfenster sind geöffnet und Desinfektionsmittel steht bereit. Folgen Sie den Pfeilen und werfen Sie Ihre Adresse in den Kasten. Frohe Weihnachten!
Und der Forschernachwuchs? Der ist mit allem zufrieden. Lässt sich aber auch kein X für ein U vormachen. Für Verschwörungserzählungen ist er nicht sehr empfänglich – ein kritisches Köpfchen! Frau Life Science liest ihm von der Weihnnachtsmaus vor, die beim Weihnachtsmann lebt.
„Eine Weihnachtsmaus? Aber Mama, das gibt´s doch (beim Weihnachtsmann) gar nicht!“
