so und so

nachlässig

Der Lifescientist füllt einen mittelgroßen Topf mit einem Liter kaltem Wasser, stellt ein Bündel Spaghetti hinein und setzt den Deckel halb darauf. Dann schaltet er das Kochfeld auf neun, geht ins Wohnzimmer und liest Emails, bis es sprudelt und zischt. Schaumhügel auf dem Ceranfeld, Rauchentwicklung, es riecht nach Brand. Der Lifescientist kehrt aus dem Wohnzimmer zurück und dreht den Herd runter. Er presst den Deckel auf die Spaghetti und kümmert sich um die Soße, die er auf dem auch schon in Mitleidenschaft gezogenen Nebenfeld zubereitet.

So und nicht anders kocht der Lifescientist Nudeln, seit er zuhause ausgezogen ist.
„Das putzt du schön selber!“, warnt Frau Life Science.
„Jaja“, sagt der Lifescientist gelassen.
Und damit sich das mit dem Säubern auch richtig lohnt, macht er abends gleich noch die Reste warm, auf dem immer noch völlig verkrusteten Herd. Fragen Sie nicht, wie das stinkt.

Es wird sich nie ändern. Da hilft nur eins: Scheidung. Möglichst vor dem nächsten Wochenende.

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proaktiv

So eine Herzmädchenbetreuung ist schon eine Aufgabe. Da müssen Sie wach sein, noch bevor jemand „Mitdenken“ verordnet.
Da wäre zum Beispiel die Medizin, Fläschchen A und Fläschchen B, die müssen zusammen biblische sieben Mal gegeben werden, über den Tag verteilt bis in die Nacht.

Diese Fläschchen muss man bestellen und zwar rechtzeitig, denn A ist angerührt nur eine Woche haltbar, oder doch nicht, aber das weiß der Arzt nicht und darum muss man es ihm sagen, es ihm quasi beweisen. Ihm mitteilen, welche Person in der Kiez-Apotheke ihm die einen Monat lange Haltbarkeit telefonisch bestätigen kann.

Das Rezept muss in die Apotheke, aber rechtzeitig, damit das Fläschchen gemischt wird und abgeholt werden kann, sodass es zuhause im Kühlschrank steht, BEVOR das aktuelle nachts leer geht. Und überhaupt, warum ist die Mischung dieses Mal so bröckelig, letztes Mal war sie geschmeidig , da fragen wir doch mal nach. Wer fragt nach? Der Lifescientist. Denn Frau Life Science käme niemals auf die Idee, die Homogenität eines Pharmazeutikums, dessen Namen sie kaum aussprechen kann, kritisch zu beäugen, aber doch ja, sie will auch das ihre Tochter das richtige Zeug in der richtigen Konzentration kriegt. Ist ja schließlich kein Hustensaft.


Morgens ist der Lifescientist der Erste, der an den Saft denkt und abends und nachts auch. Und mittags. Genau genommen ist er nicht nur der erste, der daran denkt, sondern auch der einzige. Nicht nur einmal verschiebt sich die Gabe der Medikamente um zwei Stunden nach hinten, weil Frau Life Science zu einer einzigen Verabreichungszeit alleine zuhause war. Alleine heißt im Falle von Frau Life Science: das Kind hat keine Medizin. Tja, Entschuldigung. Sie denkt ja schon den ganzen Morgen an die Krankheit, da kann sie nicht noch die dagegen wirksamen Medikamente im Kopf haben.
Es wäre aber auch nicht der Lifescientist, wenn er die zeitliche Verschiebung des Musters A und B und dann nochmal B nicht den Rest des Tages optimal ausbügeln und die angepassten Ausnahme-Verabreichungszeiten bis nachts um 1:00 Uhr in seinen Biorhythmus aufnehmen würde. Da braucht er gar keine Handyerinnerung. Wozu hat man ein Hirn.

Mit der Scheidung also besser warten, bis das Herzmädchen seine Medikamente selber verwalten kann, denkt sich Frau Life Science, oder vielleicht sagt sie einfach: Danke, Lifescientist. Ohne dich möcht‘ ich keine Herzmädchenmutter sein.

derzeitige 1:00 Uhr Gabe

2 Gedanken zu “so und so

  1. So ergänzen sich eben Frau und Mann bzw. Eltern und Du lernst nun die wahren Talente des Lifescientisten kennen und schätzen. Das bisschen Gestank beim Kochen hälst Du dagegen aus… oder aber Du setzt den Forschernachwuchs darauf an, bringst es ihm richtig bei und er wiederum dem Papa. Der Lifescientist wird beim Kochen kontrolliert und der Forschernachwuchs hat eine wichtige Aufgabe, bringt sich ein und Dir bleibt Zeit fürs Herzmädchen! Und auch die spätere Schwiegertochter wird’s Dir danken…

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