Neues aus dem Süden

Familie Life Science verbringt zum dritten Mal in Folge ihren Sommerurlaub in Südbaden – aus Gründen, aus anderen Gründen und denselben Gründen nochmal, und sie muss sagen: den Urlaubsort kann sie empfehlen (gewisse Gründe weniger). Es mangelt nicht an gutem Klima und schönen Ausflugszielen und als jemand, der den Grad der sozialen Teilhabe schon immer gerne am Zugang zum Schwimmbadwesen gemessen hat, muss Frau Life Science sagen: 10 von 10 Punkten. SüdBADEN halt.

10 von 10 Punkten werden ebenfalls vergeben an Jugendherbergen (fast egal, welche), die sich immer gut als Etappenziele einer langen Fahrt eignen. Der einzige Haken ist: Man möchte dort länger bleiben als nur zum Schlafen. Zu entspannt die Atmosphäre, zu schön das Gelände und zu spannend die Umgebung. Zumindest für kleine Kinder. Das Gute ist: Jugendherbergen bieten immer genau so viel Komfort und genau so wenig Tischtücher wie nötig. Die ideale Mischung, um sich gepflegt daneben zu benehmen.

Im Rahmen einer Familienfeier geriet Frau Life Science in eine gastronomische Einrichtung in der Provinz, pittoresk gelegen und Burg-Café genannt. Man reichte jedem Gast ein Tablet (also nicht ein Tablett mit Gläsern, sondern ein Tablet mit Pixeln) auf dem rund 20 Gerichte elektronisch angezeigt wurden. Seine kulinarische Wahl teilte man der Servicekraft wie bereits anno 1987 auf mündlichem Weg mit.
Der so bediente Kunde mag sich ob dieser technischen Neuerung natürlich denken: Wozu sollte man eine Liste mit 20 Gerichten in zwei, drei Klarsichtfolien schieben, wenn man ebenso gut einen Haufen Strom, teure Rohstoffe, seltene Erden und sonstwas verbrauchen kann?
Das Burg-Café erschien Frau Life Science nach der Tablet-Erfahrung sehr innvoationsaffin, vielleicht etwas freakig, aber jedenfalls erstaunlich liquide nach so viel Lockdown, bis ihr jemand, der sich damit beruflich beschäftigt, mitteilte: eine solche Anschaffung werde in großem Umfang staatlich gefördert: Stichwort Digitalisierung.
Digitalisierung ist es dann wohl auch, wenn die bei der Feier anwesenden Kinder ganz eigenständig den Kellner herbeirufen: sie hatten mit der (vermeintlichen) Tischlampe gespielt.
Aus ihren Erfahrungen Im Burg-Café kann Frau Life Science nur schließen, dass für einen eventuellen nächsten Distanz- oder Wechselunterricht im Schuljahr 21/22 in allen Haushalten mit egal wie vielen Kindern mehr als ausreichend Tablets zur Verfügung stehen. Sonst würde man die überschüssigen Modelle wohl kaum im Burg-Café auslegen, um zu zeigen, welches Risotto es heute gibt.

Apropos Haushalte mit vielen Kindern: Wussten Sie schon, dass manche Leute nur Kinder kriegen, weil es dafür Kindergeld gibt? Das zumindest hat in einer „Mädelsrunde“ eine Person so dargestellt. Oder hatte Frau Life Science es nur so verstanden? 200 Euro im Monat fürs Kinderkriegen und – am Leben halten? Es gibt da sicher bessere Möglichkeiten, an Geld zu kommen.
Jedenfalls trafen in genannter Runde im weiteren Verlauf sehr unterschiedliche Ansichten zur Zuwanderung und zum Sinn und Unsinn von Sozialleistungen aufeinander. Für die Erkenntnis, dass die politischen Grundhaltungen unter den „Mädels“ weiter auseinander klaffen als je gedacht, brauchte es ganze 23 Jahre und nur eine Pandemie. Für manche Teilnehmerin war das eine schmerzhafte Erfahrung. Frau Life Science blieb da insgesamt eher cool. Solange es nicht ums Impfen ging.

War’s recht beim Einkauf? Eher nein. An der Supermarktkasse herrschte gepflegtes Anstehen, man tauschte Höflichkeiten aus, justierte Warentrenner und keiner der Anwesenden fiel auch nur ansatzweise negativ auf. Als ein Herr mittleren Alters einen starken Hustenanfall erlitt, das kann ja mal passieren, und wenn man sich nur beim Höflichsein einfach mal an der eigenen Spucke verschluckt. Jedenfalls zog der Genannte zum großräumig an der Kasse Herumhusten seine Maske AUS und Frau Life Science mit Herzmädchen im Schlepptau fragte sich: War das ein Clown oder der höfliche Mann von kurz zuvor?
Wäre er lieber ohne Maske einkaufen gegangen und hätte sie sich erst zum Husten aufgesetzt.
Es zeigt sich an diesem drolligen Zwischenfall: die Maske wird noch lange nicht um ihrer Funktion Willen getragen.

Frau Life Science erfährt am Gartenzaun Näheres zu einem vorösterlichen Corona-Ausbruch in einer Bildungseinrichtung des Dorfes. 19 von 23 Kindern (und die komplette Nachbarsfamilie gleich mit) seien betroffen gewesen. Zu Corona-Ausbrüchen in Bildungseinrichtungen fragen Sie: Ihre Nachbarn. In der Zeitung standen jedenfalls keine genauen Zahlen. Der Senior des Hauses hatte die von der Überschrift bis zum Impressum Tag für Tag gelesen.

Ein Gedanke zu “Neues aus dem Süden

  1. Als die Kinder klein waren, erklärte mir mal ein Vater von drei ebenso kleinen Kindern ernsthaft, dass sich Kinder ab dem dritten rechnen würden.
    Ich rechne fünfzehn Jahre später immer noch und kann die Gleichung nicht lösen. Aber wir haben ja auch nur zwei…

    Gefällt 1 Person

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