Leben in, mit und trotz Institutionen, Teil 2489

Frau Life Science hat, zum ersten Mal in diesem Schuljahr, eine klitzekleine Frage zum Unterricht des Zweitklässlers, und zwar zum Fach Sport.

Ironischerweise heißt die Lehrerin Frau Welle. Es ist manchmal so bizarr, was Namen im Leben machen. Der katholische Pfarrer hier am Ort heißt Himmel, aber das nur nebenbei.

Die Frage an Frau Welle lautet in Rohform:

Was ist der Zweck des schulischen Schwimmunterrichts, wenn ein Kind, das sich bereits selbst über Wasser halten konnte, nach 8 Monaten wöchentlichen qualifizierten Unterrichts in regelmäßigen Abständen eine Seepferdchen-Prüfung angekündigt, sie ihm aber am Tag der vermeintlichen Prüfung nie abgenommen wird? Gibt es ein Problem und wenn ja, warum ist es die Schule? Was genau lernt man eigentlich im Schwimmunterricht, wenn nicht Schwimmen? Wozu das Gepacke und Gemache und 10 Cent für den Fön und eine extra Mütze jeden Donnerstag?

Nach der Übersetzung ins Diplomatische lautet die Frage:

Liebe Frau Welle, ich möchte mich heute gerne erkundigen, ob der Zweitklässler in absehbarer Zeit usw., usw, eventuell soweit sein wird blabla, er traut sich leider nicht selbst zu fragen. Über eine kurze Antwort freue ich mich. Dankeschön im Voraus!

Aber um eine Email zu schicken, benötigt man bekanntlich eine Empfänger-Adresse. Diese liegt nicht vor. Frau Life Science schickt der Klassenlehrerin die Nachricht mit Bitte um Weiterleitung an Frau Welle.

Keine Reaktion. Weder von der einen noch von der anderen.

Kann ja mal passieren.

Die nächste Email schreibt Frau Life Science nach etlichen Wochen ans Sekretariat der Schule. Da Frau Welle nicht nur Schwimmen unterrichtet, sondern nebenbei auch die ganze Schule stellvertretend leitet, scheint eine Weiterleitung von einem Zimmer ins andere theoretisch denkbar. Notfalls könnte man auch rufen.

Keine Reaktion.

Ein paar Tage später erhält Frau Life Science eine Email von Frau Welle! Interessant, dass sie auf diesem Weg doch tätig ist! Emails!

Die Email wurde via Klassenlehrerin weitergeleitet, Fwd: verlorene Sporthose, jedoch wurde vor der Weiterleitung noch schnell die Emailadresse von Frau Welle gelöscht, sodass außer der Email der Klassenlehrerin keine weitere Email publik gemacht wurde.

Es wird an dieser Schule offenbar hauptsächlich verdeckt gearbeitet.

Der Lifescientist wird hellwach: Merkst du was, Frau Life Science?

Ja, sie merkt auch, dass sie an ihrer Privatschule gemeinsam mit anderen unverbesserlichen KollegInnen eine kostenlose Hotline für Elternanfragen betreibt. 24 Stunden. Ehrenamtlich. Dass es ihr nicht gedankt wird, muss man wohl kaum erwähnen.

Dann fällt Frau Life Science noch ein Trick ein: Welle@Grundschule.de als Empfängeradresse, das könnte klappen. Dritter Versuch!

Es geht ihr schon lange nicht mehr um die Antwort, das Seepferdchen steht schon längst wieder auf ihrer eigenen To Do-Liste. War ja auch klar: als ob eine Schule mit ausgewiesenem Schwimm-Schwerpunkt einem beim Schwimmen lernen hilft. Als ob!!! Do it yourself!

Aber ob man zur Beschulung allgemein eine Frage stellen darf, und auf welchem Weg das am Ende klappt, das möchte Frau Life Science generell noch herausfinden. Als Sozialexperiment quasi.

Ps: Frau Life Science mag diese Schule und empfiehlt sie anderen ständig weiter. Unter den allgemeinen Umständen und Zuständen läuft es dort noch ziemlich gut…

Ein Gedanke zu “Leben in, mit und trotz Institutionen, Teil 2489

  1. Ach ja herrlich, und da reden wir ja noch nicht mal von Digitalisierung, sondern von E-Mail-Kommunikation (Stand Mitte/Ende der 90-er Jahre) …

    Meine Tochter hat‘s aus terminlich/logistischen Gründen auch nie zum Seepferdchen geschafft. Sie schwimmt aber sehr ansehnlich und nun kurz vor der Volljährigkeit wollen wir noch auch niemanden (per e-mail) belästigen, ob die Schule das noch nachträglich ausstellen kann 😉

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