Sie geben dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf ein Gesicht, viele Gesichter: die Baummännchen am Straßenrand. Es gibt bestimmt an die hundert von ihnen. Traurig genug, dass aus welchen Gründen auch immer so viele Bäume abgesägt werden. Seit dem Jahr 2005 macht ein Künstler namens Harald Kortmann aus den trostlosen Stümpfen sympathische Wichtel und zaubert Passanten und Autofahrern ein Lächeln aufs Gesicht.
Beispiele gefällig?

Unweit vom Hause Life Science befindet sich auch ein trauriger Baumstumpf. Frisches Sägemehl liegt noch im Gras. Eine normale Seitenstraße ist das hier. Eigentlich genügend Platz für Menschen, Bäume, Autos. Die anderen Bäume stehen ja auch noch. Man kann nicht nachvollziehen, warum dieser weg musste.
Höchste Zeit für eine Kunstaktion! Bei Woolworth in der Dekoabteilung gibt es Baumscheiben und kleine Aststücke, wie gemacht für ein Baumgesicht.
Die Original-Baumgesichter wurden mit Schrauben befestigt. So leicht ist das aber gar nicht, eine Astscheibe quer zu durchbohren. Mal bricht sie, mal steigen nach minutenlangem Bohren Rauchfäden auf und schwarze Krümel quellen aus dem Bohrloch. Schließlich klappt es doch.
Juhuu! Werkzeug! Arbeit! Projekt! Der kleine Schatz ist vor Begeisterung nicht zu bremsen. Er rennt voraus und fällt im Treppenhaus gleich heftig auf die Nase. Zum Weinen nimmt er sich kaum Zeit, aber eine hellblaue Beule ziert später das Abschlussfoto mit dem neuen Baumwichtel.
Einen Tag darauf braucht es noch einen zweiten Anlauf für den Mund des Wichtels, der nicht halten wollte, ein nochmaliger Besuch bei Woolworth ist erforderlich. Dann ist der Wichtel fertig.

Frau Life Science gibt sich keine Mühe, die Verschönerungsaktion zu verheimlichen. Tote Baumstümpfe zu beleben scheint hier nicht verboten zu sein. Selbst eine Stadträtin äußert sich in einem Zeitungsbericht positiv über die Aktion.
Eine Nachbarin kommt hinzu und glaubt, von Frau Life Science endlich alles über die Baumwichtel erfahren zu können, über die sie sich seit Jahren freut und wundert. Da muss Frau Life Science klarstellen, dass sie und der kleine Schatz lediglich Trittbrettfahrer sind und mit den anderen hundert Baumwichteln nichts zu tun haben.
Über den Original-Künstler Harald Kortmann erfährt man hier mehr:
https://www.morgenpost.de/berlin/article215460139/Wie-Baumstuempfe-ueber-Nacht-zu-Kobolden-werden