(407) Fünf Sterne für SüdBaden

Dass sich Familie Life Science in Südbaden eine kleine Zweitwohnung hält, die sie viel zu selten nutzt, ist entweder die schlimmste Ressourcenverschwendung aller Zeiten, oder die beste Idee, die sie je hatten. Wer weiß das schon.
Keinen Zweifel gab es allerdings daran, dass der diesjährige Sommerurlaub komplett ebendort verbracht werden sollte und Familie Life Science hat das nicht bereut.

Folgende zusammenhanglose Stichworte prägten diesen Sommerurlaub der besonderen Art: 

Baden
Der südwestliche Teil Baden-Württembergs heißt nicht umsonst Baden, stehen Freibäder hier doch noch in einem angemessenen Verhältnis zur Bevölkerungsdichte, zahlreiche Baggerseen kommen obendrauf. Die heißesten Tage des Sommers 2019 enden für Familie Life Science daher meist im örtlichen Terrassenbad, vor dem sich kaum eine Anstehschlange aufreiht. Davon können Berliner nur träumen. Die Rausschmeißer-Durchsage gegen acht Uhr abends, ca. eine Stunde nach Ende der regulären Öffnungszeit – man ist ja nicht so – kennt Familie Life Science bald auswendig – in deutscher und französischer Sprache.

Ruhestand
Der Forschernachwuchs, weiß nicht, wie ihm geschieht: Papa geht nicht arbeiten, regelmäßig kommen Kinder vorbei. Dauernd geht´s zum Baden. Oma ist nur eine Treppe nach oben entfernt. Er kann von der Couch direkt in den Garten rennen, in die Hecke pinkeln, Stachelbeeren ernten und die Beete eigenverantwortlich gießen: Die Hortensien kriegen nix, die bereits abgeernteten Erdbeerbüsche alles.
Für seinen gelöstes Allgemeinbefinden hat der Forschernachwuchs nur eine Erklärung:  „Mama, gell, ich bin im Ruhestand?“

Pferdeäpfel
Die Äste des Apfelbaumes, der kaum älter ist als Frau Life Science selbst, reichen fast bis zum Boden. Unter dem Blätterdach ist es an heißen Nachmittagen deutlich kühler.
„Pfffft“, schlägt wieder ein Apfel auf der Wiese auf. Jeden Morgen liest der Forschernachwuchs mit seiner Mutter eine ganze Ladung  Fallobst auf. 
Der kleine Helfer möchte am liebsten für jeden Apfel einzeln gelobt werden und die Richtigkeit seiner Sortierleistung bestätigt wissen: Die „Bäh-Äpfel“, die bereits faul vom Baum fallen, kommen in den roten Eimer, die anderen, unversehrten, aber doch noch nicht genießbaren, in eine Kiste für die Pferde. Die Pferde-Äpfel werden anderntags bei der Bekannten abgestellt. Im Fahrzeuginnenraum verbreitet sich ein herrlich süß-saurer Duft.
Sie sei jetzt hoch im Kurs bei den Pferden, sagt die Bekannte nach der zweiten Lieferung.

Gleitsichtbrille
An einem kinderfreien Vormittag geht Frau Life Science mit der Oma eine neue Gleitsichtbrille aussuchen.
„Das ist meine letzte Brille“, behauptet Oma.
(Das mag für Ihre Ohren schrecklich klingen, doch das Gute daran ist: Die Life Science-Mutter investiert 1000 Euro in ihre persönliche Zukunft.)

Skandal 
Der Lifescientist trifft alte Kollegen an der Uni im Rahmen einer Verabschiedung. Das Event wurde kurzfristig angekündigt, der Lifescientist stolpert vom familiären Nachmittagsprogramm aus spontan dorthin mit schlecht geladenem Handy und nur 20 Euro Bargeld, das ihm Frau Life Science noch schnell zusteckt.
Nun ist man halt nicht in Berlin und eine Abendveranstaltung in der Universitätsstadt verträgt sich schlecht mit einem Schlafplatz auf dem Dorf. Der letzte Zug geht um 0:22 Uhr. Nicht dass man am Ende der Zugfahrt zuhause wäre, lediglich in ungefährer Nähe.
Gegen Mitternacht kündigt Frau Life Science die sowieso nicht ausdrücklich vereinbarte Rufbereitschaft zum Abholen, aber auch die Taxi-Variante (Frau Life Science schickt in gewohnter Sekretärinnenmanier die Rufnummer rüber) wird ausgeschlagen. Gegen 05:45 Uhr morgens greift Frau Life Sciences Hand im Ehebett ins Leere. Wo zum Teufel ist der Lifescientist? Das hat´s noch nie gegeben.
Um sieben Uhr morgens schlurft er die Treppe zum Souterrain hinunter, trinkt noch etwas, lässt alle Lichter brennen und die Wohnungstür halb offen, und fällt ins Bett. Er hatte die Nacht durchgequatscht, nahm daher nicht den letzen, sondern den ersten Zug und fand morgens in Gesellschaft von Schülern und Handwerkern auf dem Weg zur Arbeit tatsächlich einen der selten Anschlussbusse, der um diese Zeit aufs Dorf fährt. Anrufen hätte er ja auch nicht können, das Handy war tot.

Für den Rest des Urlaubs genießt Frau Life Science Narrenfreiheit. Sie kann sich fast alles erlauben, denn der Lifescientist ist ja nicht nach Hause gekommen.

img_0528-1
„Meine Damen und Herren, das Bad schließt in 15 Minuten..“
Die Steine pieksen auf dem Weg zum Auto, aber mit Mamas Schlappen geht’s.