(408) Yoga in luftiger Höhe

Über Streetart im wahrsten Sinne, nämlich über Kunst direkt an der Straße, mitten auf dem Grünstreifen, in Form von verlebendigten Baumstümpfen hat Frau Life Science bereits berichtet.

Ebenfalls unmittelbar bei der Straße, etwas weiter oben und in ihrer Winzigkeit leicht zu übersehen, findet man weitere grundsympathische Gesellen, die Korkmännchen von Berlin. Aus einfachen Flaschenkorken und Schaschlik-Spießen sind die gestaltet, teils mit Farbe versehen, und so turnen auf den Straßenschildern herum. Was machen die denn da?

Sie praktizieren Yoga!

Ich sehe was, was du nicht siehst…

Würde man den Lifescientisten fragen, ob er schon einmal ein Yoga-Männchen auf einem Berliner Straßenschild gesehen hat, würde er erstmal verblüfft den Kopf schütteln. Nur die Leute, die sich nicht aufs sogenannte Wesentliche konzentrieren können oder wollen, nehmen die unscheinbaren Randfiguren wahr.

Wo kommen die bloß her? Die heiteren Berliner Kork-Figuren haben unterschiedliche Väter. Die zwei bekanntesten sind Josef Foos und Wolfgang Pohl.

Josef Foos alias Joy Fox nennt seine Männchen Yogis und ist auch selber Yogalehrer. Inspiriert hat ihn ein Londoner Künstler mit seinem Projekt „Small People“.
Nun sind es bei weitem nicht nur ein paar Korkmännchen, die Yoga in luftiger Höhe ausüben, eher muss man von einer Massenbewegung sprechen. Tausende Männchen machen bereits mit.

Aber warum denn nur? Es ist ganz einfach. Josef Foos sagt dazu:

„Wenn sich Ihnen ein Street-Yogi zeigt, möchte er Ihnen Freude und Glück bringen.“

Von einem anderen Berliner Künstler namens Wolfgang Pohl sind die „Alte Wilde“ Korkmännchen, die so heißen, weil sie ein „Alte Wilde“-Fähnchen in der Hand halten. Dies ist der Name eines Kita-Fördervereins (Kita „Junge Wilde“, allerdings in Bonn), in dem der in Friedenau lebende Künstler wohl lange aktiv war.

Ideenklau? Hat Herr Pohl das Korkmännchenschnitzen dem Herrn Foos nachgemacht, oder was? Wahrscheinlich ja. Aber Besitzansprüche und Konkurrenzdenken gibt es gar nicht in der Korkmännchenwelt, es ist eine friedliche Koexistenz und es wird gerne kooperiert. Kollege Josef Foos gibt seine persönliche Bastelanleitung zum Beispiel gerne auf seiner Homepage frei, damit von anderen neu erschaffene Korkmännchen nicht bei der ersten Windböe abstürzen.

Außer den Herren Pohl und Foos gibt auch noch weitere Trittbrett-fahrende Korkmännchen-AufstellerInnen in Berlin wie auch in anderen Städten, zum Beispiel in Münster oder Halle.

Bleibt noch eine Frage: Wie kommt man denn ans Straßenschild hoch? Müssen die Herrschaften da eine Leiter mit sich rumtragen? Es geht – so kann man nachlesen – auch weitaus unauffälliger, so eine der StVO zuwiderlaufende Kunst-Aktion abzuwickeln. Fahrradfahrer sind hier im Vorteil: Geschwind auf den Sattel des abgestellten Drahtesels klettern, während man sich am Pfahl des Straßenschildes festhält. Eine Hand bleibt dann noch frei zum Männchen kleben. Voilà.