Heute letzter Kita-Tag vor den großen Corona-Ferien.
Frau Frau Life Science bringt den kleinen Schatz mit dem ÖPNV (Öffentliche Personen-nahe Virusschleuder) zur Kita. Der Forschernachwuchs fragt wieder und wieder, warum seit Tagen der Fahrerbereich im Bus mit Absperrband abgebunden ist. Er weiß das, aber er möchte die Erklärung nochmals und nochmals hören.
Die Wasserhähne auf dem Gruppen-Stockwerk sind wie jeden Morgen so fest zugeochst (vermutlich der letzte Rundgang des Hausmeisters am Vorabend), dass nur Erwachsene sie bedienen können. So war es jeden Morgen die letzten Tage, egal, zu welcher Zeit man herkam. Das heißt wohl: Familie Life Science waren die einzigen Klienten, die morgens ein drängendes Bedürfnis nach Hände waschen verspürt hatten. Naja, immerhin haben sie Desinfektionsmittel am Haupteingang – immer schon gehabt. Und geklaut hat es bisher auch keiner.
In der Gruppe kamen heute nur drei Kinder, um unter anderem den Nichtgeburtstag von Ryan zu feiern, der sich anlässlich seines tatsächlichen Jubeltages Ende März mit allen Kindergarten-Freunden auf „Karls Erdbeerhof“ treffen wollte, der sage und schreibe 30 Kilometer von der Einrichtung (und noch mehr vom Hause Life Science) entfernt ist. Carsharing? Mietwagen? Regionalzug und fünf Busse?? Zum Glück muss Frau Life Science das nicht mehr organisieren. Entfällt ja alles! Trotzdem: Armer Ryan. In Corona Fünf werden. Da kann man sich Schöneres vorstellen.
Frau Life Science geht nach Abgabe des Kindes zum Frisör. (Man möchte sich ja noch irgendwie pflegen, falls es morgen schon nicht mehr geht). Also natürlich nicht gleich, denn so früh morgens hat ja wieder nichts offen. Sie setzt sich noch eine halbe Stunde vor eine Bäckerei in die Sonne, organisiert den morgigen Tag: Privatkindergarten mit zwei Kindern, 9:30 Uhr bis 15:00 Uhr. Bitte Zahnbürste und Hausschuhe mitbringen.
Angestellte der Bäckerei schaffen gerade Sitzgruppen weg. „Schließen Sie?“, möchte Frau Life Science wissen. „Nein, wir schaffen den in Berlin erforderlichen Mindestabstand von 1,50 Meter zwischen den Tischen.“
Bei Frisör, ein großer Laden mit vielen Schnittplätzen, dafür ohne Termin, ist Frau Life Science die erste Kundin. Die Angestellten das dringende Bedürfnis, sich während der Arbeit wechselseitig zu umarmen. Vielleicht wegen Corona?
Dann verschwindet der zuständige Mitarbeiter auf Nimmerwiedersehen und vergisst die Einwirkzeit. Vermutlich verfolgt er im Pausenraum Diskussionen auf Facebook zu raten Sie welchem Thema. Jedenfalls sieht man ihn lange nicht mehr. Frau Life Science ist froh, als sie erfolgreich nach ihm gefahndet hat und bald fertig ist. „Noch ne Pflegepackung…?“ Nein bloß nicht! Dann dauert es ja noch länger. Nichts wie raus!
In der öffentlichen Kantine des Bundesarchivs in Lichterfelde lässt es sich bis jetzt noch trefflich Mittag essen. Königsberger Klopse! Man kann das Essen ohne Gedränge entgegennehmen, sogar outdoor und distanziert speisen, und das Besteck wird einem von einer völlig virenfrei aussehenden Person in einer Serviette gereicht, früher fischte man Messer und Gabel selber aus einem Körbchen. Salat-Buffet zum Selber nehmen ist längst abgeschafft.
In der Cafeteria des Krankenhauses, durchaus als eine kritische Infrastruktur Berlins zu bezeichnen, konnte man bis vorvorgestern Freitag noch aufs für alle ausgelegte Besteck husten und sich den Salat selber schöpfen. Frau Life Science hat es noch gesehen. Der Sachverstand in der Infektionsschutz ist anscheinend näher bei denen angesiedelt, die sich mit alten Akten beschäftigen, als im Krankenhaus.

Am Nachmittag holt Frau Life Science das Ferienkind ab und sie kaufen noch schnell ein Fahrrad, das gewachsener Körpergröße und gewachsenen Fähigkeiten des Vierjährigen entspricht. Wer weiß, ob man ab morgen noch ins Fahrradgeschäft darf. Aber dann käme endlich mal der Online-Handel mehr zum Zug!
Wer weiß, ob man morgen noch Fahrrad fahren darf?
