Unalltag 24

Da man nach der x-ten Novelle der Verordnung über die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Berlin wieder auf öffentlichen Bänkchen sitzen darf, …

(4) Bei Aktivitäten nach Absatz 3 i sind Erholungspausen auf fest installierten Sitzgelegenheiten bei Wahrung des Mindestabstands nach Absatz 2 zulässig, auf Wiesen und Freiflächen bei Wahrung eines Mindestabstands von 5 m.

…hat Familie Life Science von diesem ihrem Recht zum Sitzen auf der Bank Gebrauch gemacht und sich im Rahmen einer Radtour zur Kirschblütenallee auf dem Mauerrundweg auf einer solchen niedergelassen (Sie hatten sogar Kekse und Obst sowie zwei Becher Kaffee in einer Thermoskanne dabei).
Weil heute im Vergleich zu den Tagen davor „schlechtes Wetter“ herrschte und die Kirschen auch noch nicht voll in Blüte standen, hielt sich der Andrang bei diesem beliebten Naherholungsort in Grenzen. Ein Pärchen choreografierte gerade die Schlussfaltung ihrer Picknickdecke, es war ihnen wohl zu kühl geworden. Sonst war keiner da, am Ende der Kirschblüten-Allee.

Der Forschernachwuchs, ausgewiesener Expertet für Schienenverkehr, hatte bereits einen fast leeren ICE, die fast leere S25, einen fast leeren FlixTrain sowie einen fast leeren Regionalzug vorbeirauschen sehen, als sich an diesem pandemischen Ostermontag zwei Mitarbeiter vom Ordnungsamt näherten, der Kaffee war längst weggepackt. Frau Life Science glaubte, es ginge um die Einhaltung der Kontaktsperre und sie müssten jetzt nachweisen (mittels Ausweisdokument oder genetischem Schnelltest), dass sie eine rechtmäßige Infektionsgemeinschaft bildeten. Aber nein! Es ging um das Sitzen auf der Bank.

„Ich hab‘ s doch extra nachgelesen?“, wunderte sich Frau Life Science.
„Woher kommen Sie denn?“, fragt der Herr freundlich. Und in dem Moment, als sie Antwort geben wollte, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen: Na eben… ! Berlin… Und das hier war ja schon Brandenburg. Sie hätten es merken müssen. Der Mauerweg liegt naturgemäß auf der Grenze und die Kirschbäume schon jenseits.

War trotzdem schön, so ganz ohne Unrechtsbewusstsein auf der Bank zu sitzen, viel besser als Miau zuhause.

Frau Life Science hielt die Begegnung mit der Exekutiven zunächst für Teil einer Routine-Kontrolle. Der Lifescientist aber vermutet Meldeeifer eines Brandenburger Bürgers. Und je mehr Frau Life Science darüber nachdenkt, zu welchem Zeitpunkt und aus welcher Richtung die Ordnungshüter kamen und in welche (die gleiche) sie wieder gingen und dass sie direkt ins Auto stiegen und wieder wegfuhren, desto näher liegt auch für sie die Interpretation des Lifescientisten.

Man darf sich ja schon mal fragen, wie viele der 126 608 in Deutschland nachgewiesenen Coronavirus-Infektionen sich auf Parkbänken ereignet haben – wahrscheinlich eine bis keine.

Brandenburger Ordnungsamt-Mitarbeiter treten den Rückzug an.
Abgesperrte Parkbank; im Hintergrund (siehe Pfeil) das Ortsschild von Berlin, der Stadt mit jeder Menge frei zugänglichen hochansteckenden Parkbänken.

2 Gedanken zu “Unalltag 24

  1. Oh, das ging ja direkt glimpflich ab…😅 Ich musste beim Sitzen mit meinem Sohn auf einer Bank am Rande eines Waldspielplatzes (zu zweit, kein Mensch außer uns weit und breit und er hatte NICHT auf dem Spielplatz gespielt!) auf Wunsch zweier Ordnungshüter meine Personalien hinterlassen mit Bescheid, ich habe aufgrund einer „Straftat“ mit einer ggf. hohen Geldbuße zu rechnen. Mal sehen, was daraus wird. Ja, die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus treiben seltsame Blüten… das nächste Mal setzen wir uns im Vorraum unseres Supermarktes auf die Bank dort wie die ältere Dame, die ich dort regelmäßig antreffe und die an dieser Stelle – bisher unbehelligt – offensichtlich ihrem Wunsch nach sozialer Begegnung nachgeht… Herzlichen Gruß!😅

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