Denk & Schenk auf Champions League-Niveau

Frau Life Science hatte in diesen Tagen Geburtstag. Bevor Sie jetzt in die Kommentarspalte scrollen und Wortgeschenke einzutippen beginnen, möchte Frau Life Science Sie ganz herzlich bitten, erst einmal diesen Post fertig zu lesen.

Es muss sofort aufhören. Während Frau Life Science selbst das Denken und Schenken eher gelegentlich und nur auf Breitensportebene betreibt, sieht sie sich zunehmend mit durchtrainierten Leistungssportlern auf diesem Gebiet konfrontiert und wird sich ihrer unzureichenden Fitness mehr und mehr schmerzhaft bewusst.

Dass sie hochschwanger ist mit allen Begleiterscheinungen und darüber hinaus viel mit Pandemiebewältigung zu schaffen hat, lässt sie in ihrer Performance nur noch schlaffer werden.
Nachmittage und Wochenenden ohne externes Programm für das Kind füllen ist kräftezehrend. Kindertheater, Hallenbad, Fußballtraining und Familienangebote in der Kirchengemeinde fallen weg und Treffen mit Spielfreunden wollen dieser Tage auch abgewogen werden – von beiden Seiten. Der Forschernachwuchs möchte aber trotzdem angemessen unterhalten sein. Das zieht vielleicht Energie!
Pandemie ist ja doch in erster Linie eine Arbeit. Podcasts rauf und runter hören, Twitter-Diskussionen ins Endlose folgen, die Tagesschau und im Anschluss Heute-Journal gucken, die x-te Pressekonferenz der Kanzlerin nachhören und über neue Verordnungen meditieren.

Wer hat da noch Zeit und Kraft für das Richten von Paketen inklusive coronakonformem Anstehen vor der Post, für das Dekorieren von Plätzchen über den Eigenbedarf hinaus? Oder gar fürs Marmelade kochen? Marmelade hat Frau Life Science zuletzt im Jahr 2001 eingekocht. Kein Witz! Das wären dann fast 20 Jahre… Wer kocht denn heute noch Marmelade? Am Ende noch Quitten-Chutney?

Tja – offenbar alle anderen. Also, Menschen weiblichen Geschlechts. Da klingelt es mitunter zweimal am Tag unerwartet an der Tür. Frauen und Mütter, die ihrerseits ein Päckchen zu tragen haben, hält dies offenbar noch lange nicht davon ab, anderen und besonders Frau Life Science eines zukommen zu lassen. Schwanger, Geburtstag, Lockdown light, irgendeinen Grund finden sie immer.

Da ist die Schwägerin, die Protagonisten von entzückenden Lindt-Schokoladen-Sets mit den Namen der Familienmitglieder beschriftet, inklusive ihres bisher noch verpackten Neuzugangs. Da kommen geschickte Bücher, die nicht nur gebundenes Papier sind, sondern sicherlich wieder Volltreffer. Die Kollegin, die ein Geburtstagsgeschenk an Frau Life Science viele Tage vorher schon überreicht hat, falls die Schule doch dichtmachen muss. (Woher weiß sie das Datum überhaupt und wann hat bitteschön sie selbst Geburtstag bzw. diesen längst gehabt und wo im Lehrerzimmer hängt der Kalender, den Frau Life Science sich dringend ins Handy programmieren und befolgen muss?)

Die zweite Klasse summt kurz nach der morgendlichen Begrüßung „Viel Glück und viel Segen“, weil Singen verboten ist, und überreicht Frau Life Science einen Hefter mit 27 Kinderzeichnungen – hauptsächlich abgebildet sind turmartige Torten – sowie drei Blümchen. Da muss den Kindern jemand von den Erwachsenen geholfen haben. Irgendjemand, der achtsamkeitsmäßig und schenkungsbezogen im anaeroben Bereich trainiert. Frau Life Science hat Woche für Woche Schwierigkeiten, an 27 Hausaufgaben zu gelangen, und seien sie noch so easy, von den Tortenbildern aber fehlt kein einziges.

Es häufen sich jetzt auf Frau Life Sciences To-Do-Liste die WhatsApp-Textwechsel, die mit Würde zu Ende gebracht werden müssten, die Weihnachtskarten sind noch nicht geschrieben, geschweige denn irgendwelche Geschenke besorgt. Kurz vor dem Finale der Schenkolympiade 2020 beginnt dann noch der Mutterschutz – wer weiß, was dann die Schüler wieder zum Abschied summen. Und während Frau Life Science noch nicht einmal einen Einstand an die Schule mitgebracht hat (sie begründete es für sich mit ihrer eigenen Unbedeutendheit) muss sie sich nun eingestehen, dass sie kräftemäßig auch einen zünftigen Abschied in den Mutterschutz nicht bieten kann. Es ist schlicht nicht zu schaffen.

Unnötig zu erwähnen, dass im Lehrerzimmer ohnehin immer schon etwas bereitsteht, anlasslos. Orangen, Mandarinen und Nüsse. Oder verzierte Windlichter voller Hoffnungssprüche. Mit freundlichen Grüßen von der MAV. Was immer Frau Life Science den Kollegen mitbringt, sie kann es nur dazustellen.

Bei all der Aufmerksamkeit, die Frau Life Science in diesen Tagen von allen Seiten zuteil wird, bleibt ihr nur eines: weiterhin auf nicht versiegende Großzügigkeit hoffen. Denn ein kostbares Geschenk wünscht sich Frau Life Science an dieser Stelle ganz ausdrücklich. Nachsicht mit ihr.

3 Gedanken zu “Denk & Schenk auf Champions League-Niveau

  1. Uppps, ich habe deinen Geburtstag vergessen….. Und dabei hängt bei uns im Lehrerzimmer tatsächlich noch der Geburtstagskalender auf dem auch dein Wiegenfest draufstehen dürfte…..
    Also: alles Liebe und Gute, auch für den kommenden Geburtstag des neuen Forschernachwuchses 😘

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  2. Bin ein ganz schlechter dran-Denker und Schenker. Habe es aufgegeben. Wer mir was schenken mag, bitte immer gerne. Die Freude ist dann groß. Aber wer mir etwas schenkt mit der Erwartung, etwas von mir am Geburtstag geschenkt bekommen, der lasse das mal lieber… das überfordert mich total, wenn da ein Erwartungsdruck mit kommt. Ich bringe Leuten gerne Kleinigkeiten mit, wenn ich was passendes für sie sehe, auch wenn dann nicht Weihnachten oder Geburtstag ist. Und wenn ich zufällig mitbekomme, dass jemand Geburtstag hat, dann gratuliere ich ganz herzlich und das war es dann.
    Menschen, die perfekt an jeden Geburtstag denken, finde ich genauso angsteinflößend wie Menschen, deren Küche immer aufgeräumt ist, während sie kochen.
    Weil ich den Geburtstag dann hier zufällig gerade mitbekommen habe, wünsche ich dann auch ganz herzlich alles Liebe zum Geburtstag!

    Gefällt 1 Person

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