Sonntagnachmittag. Die Frühlingssonne scheint auf das Erquicklichste, und im Lichterfelder Villenviertel hat einer nicht mehr alle Tassen im Schrank, weil er sie statt dessen alle auf seiner Gartenmauer aufgereiht hat. Mit dem Computer erstellt er ein vierfarbiges Banner, auf dem steht: „ZU VERSCHENKEN“. Das Banner ist so lang wie die Tassenparade selbst.
Um auf seine Spendenaktion zusätzlich aufmerksam zu machen, postet er im Online-Nachbarschaftsnetzwerk noch eine Botschaft, dass er heute an der X-Strasse, Ecke Y-Weg, diese Tassen verschenke und ergänzt fünf Fotos aus verschiedenen Perspektiven. Diese Tassen seien alle noch völlig in Ordnung! Darunter auch echte Highlights, zum Beispiel eine Java-Mug (Was zum Teufel ist eine Java-Mug?) Wie auch immer, super Tassen sind das, er hat halt einfach zu viele davon.
Mehr als zu viele Keramikpötte mit albernem Aufdruck – wer kennt das nicht? Aber nur manche kommen auf die Idee, ihr Geschirr am Gehsteig aufzureihen. Der Herr hätte seine Geschirrreste auch einfach zum nahegelegenen Rumpelbasar bringen können, aber da wird man halt nicht gebauchpinselt. „Tu Gutes und red nicht viel drüber“, heißt da eher das Motto.
Bei Einbruch der Dunkelheit ergänzt der edle Spender einen Nachtrag :
„Zwei Tassen sind noch da; Stand Sonntagabend“. Damit es auch der Letzte noch mitkriegt.
Zwei Tassen sind noch da? Das ist ja sagenhaft! Da muss Frau Life Science schnell los ins Villenviertel – und noch ein paar dazustellen. Wenn man schon mal die Gelegenheit hat, seinen Wohlstandsmüll unauffällig loszuwerden. Ein paar lilafarbene Übertöpfe aus den Neunzigern würden sich doch auch noch gut machen.
