(381) Evaluation der virtuellen Wohnungsfindung – Oder: Sechs Dinge, die an der neuen Bleibe nerven

Wenn man seine zukünftige Wohnung über den Atlantik hinweg mit Videotelefonie besichtigt, und sich den Mietvertrag mit FedEx schicken lässt, sollte man hinterher nicht über Wohnungsmängel meckern.

Trotzdem nerven ein paar Dinge an der neuen Bleibe:

 

1.

Keine Dose ist keine Dose ist keine Dose

Zu wenige Steckdosen in der Wohnung und im Flur gar keine. Dort liegt aber die Telefonbuchse. Brauchten eigentlich die alten Wählscheibentelefone (aus dieser Zeit scheint der technische Standard der Wohnung) keine Steckdosen?

Wenn die Steckdose nicht in dem Raum ist, wo die Telefonleitung angezapft wird, heißt das, egal wie man es auch anstellt, man muss bei irgendeiner Zimmertür ein Kabel einklemmen. Fest anziehen beim Schließen! Uuuurks.

Zum Betrieb aller anderen elektronischen Geräte hat man unprofessionelle Mehrfachstecker-Kolonnen auf dem Boden rumliegen. Da kommt Wohngefühl auf!

2.

Quadratmeterverschwendung

Der Eingangsbereich/Flur ist eine Halle, in der lässt sich ohne Probleme eine kleiner Yogskurs abhalten. Er wird ringsum von Türen und von schmalen Wandflächen begrenzt, an die man kaum Möbel stellen kann. Die nutzlosen Quadratmeter, die den Flur formen, fehlen anderswo. Im Bad zum Beispiel.

Wie nutzen, diese verschwenderische Mittelfläche in Flur? Für einen Esstisch zu zugig. Vielleicht ein Trampolin, wie andere es in den Garten stellen? Das wäre eine Überlegung wert.

Im Moment parkt jedoch der Wäscheständer dort, ein ausladendes Flügelmodell mit wechselndem Behang. An die irritierten Blicke von klingelnden „Besuchern“ (Paketbote, Hausmeister, Frau K. ) muss man sich gewöhnen: Aha, Sie wohnen in einer Waschküche?

 

3.

Keller ohne Licht

Schatz, wo warst du so lange? Im Keller. Hab nicht mehr rausgefunden.

Eine Lampe mit funktionierender Glühbirne ist im Keller installiert und es gibt einen zweckmäßig angebrachten Schalter, den zu drehen jedoch nichts bewirkt. Der Spannungsprüfer, den der Hausmeister an die Lampe hält, zeigt keine Spannung an. Wochenlange investigative Recherchen auf dem (Baustellen-)Gelände (Sind Sie der Elektriker – Nein, der Klempner, Sind Sie der Elektriker – Nein, vom Kabelfernsehen, Sind Sie der Elektriker – Ja, aber ich bin nicht zuständig) ergeben folgenden Grund für die tote Leitung: Weil es keinen Stromzähler gibt, wurde sie abgeklemmt. Will sagen, lieber lässt man seine treu zahlende Mieter jahrelang im Dunkeln die Kartoffeln suchen, als dass man eine Kellerlicht-Pauschale in die Nebenkosten einpreist. Oder hat es am Ende rechtliche Gründe? Dass Pauschalen nicht abgerechnet werden dürfen? Wie auch immer, es ist im Ergebnis unwürdig. (Damit es ein Ende hat, sucht Familie Life Science nun nach einem batteriebetriebenen Lampenersatz).

4.

Biotop auf Balkonien

Der Balkon ist vom Gefälle her so angelegt, dass Regenwasser automatisch in eine Ecke strömt und in ein Fallrohr fließt. Theoretisch. Tatsächlich bilden sich in den Unebenheiten des Bodens stehende Gewässer aus Regen und schmuddlige Biotope aus irgendwelchen Ablagerungen. Bald kommen die Kaulquappen!

5.

Die gesichtslose Hausverwaltung

Darüber wurde ja bereits an anderer Stelle berichtet. Neulich schickten Sie sogar ein Gesicht vorbei, getan hat sich aber noch nichts.

6. Fenster in schlechtem Zustand

Berliner Kastendoppelfenster sind besser, als man gemeinhin annimmt. Einzelne Fenster der Wohnung funktionieren auch tadellos. Sie gehen nach innen auf (so gehört sich das für Berliner Kastenfenster; Hamburger gehen nach außen auf) und jedes Fensterkompartiment muss man zweimal öffnen : Griff betätigen und rechten und linken Flügel nach innen schlagen, nochmal Griff betätigen und noch zwei Flügel nach innen schlagen. Auch zweimal putzen (bzw. viermal, jede Scheibe innen und außen). Weil jedes Zimmerfenster aus zwei oder drei Fensterkästen besteht, multipliziert sich alles ein weiteres Mal.

Manche Experten setzen sich für die Erhaltung von Kastendoppelfenstern ein, aufgrund der positiven Eigenschaften. Es sind angeblich die Eigenschaften, die ein Altbau braucht. Dazu müssten sie aber richtig gepflegt und an den richtigen Stellen mit Dichtungen versehen werden etc. Andernfalls bildet sich zum Zwischenraum hin Kondenswasser auf den Scheiben. Dauerhafte Wasserablagerungen an lackiertem Holz ist suboptimal… es quillt auf, der Lack springt ab.

Ansonsten ist Kondenswasser aber ein guter Sichtschutz morgens, wenn man sich anziehen möchte und noch keine Vorhänge hat.

Fazit:

Die meisten Wohnungsmängel hätte Familie Life Science auch bei Besichtigung im echten Leben nicht sofort gesehen oder im Zweifelsfall die Wohnung trotzdem gemietet. Erstmal was Besseres finden!

Berliner Kasten-Doppelfenster mit Kondenswassergardinen