Willkommen beim Life Science-Spiralcurriculum: Heute, am heißesten Tag des Jahres in Berlin, wieder Schwimmbad. Frau Life Science tendiert ja dazu, den Grad der gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeit in der Verfügbarkeit von Freibädern zu bemessen. Das war schon in New York so. Dort kostete ein Freibadbesuch von Mutter und Kind schonmal 60 Dollar (im privaten Mini- Pool) oder NICHTS (im öffentlichen Freibad), dafür mit recht speziellen Regeln. Und es war immer und überall zu voll.
Da sie wieder in Deutschland lebt, wo es die schönen Schwimmbäder gibt, sucht sie mit ihrem Kind am Nachmittag eine öffentliche Berliner Badanstalt auf. Sie steuert diese mit dem Bus an, was eine Kita-Mutter verwundert. „Mit dem Bus? Ist das nicht total stressig?“ Ist es nicht, schließlich muss man nicht tanken, sich nicht auf den Verkehr konzentrieren, während man erzieht und keinen Parkplatz suchen. Geht eigentlich.
Stressig ist aber das Schwimmbad an sich. Die Warteschlange beginnt direkt an der Bushaltestelle, führt den Gehweg entlang, knickt dann im 90 Grad-Winkel ab, bis sie schließlich das Kassenhäuschen erreicht. „Wir müssen die Polizei holen!“, findet der kleine Schatz.
Menschen mit Mehrfachkarten (gültig für 20 Besuche) dürfen die parallele und kürzere Schlange zum anderen Häuschen wählen. Frau Life Science ist wild entschlossen, so eine Mehrfachkarte zu erwerben, koste es, was es wolle, nur um nächstes Mal kürzer anzustehen. Aber man muss sie unbedingt bar bezahlen und 70 Euro hat sie gerade nicht in bar dabei.
Als sie nach 45 Minuten (!) anstehen in der prallen Sonne endlich das Drehkreuz hinter sich lässt, stellt Frau Life Science fest, dass sie eine solche Mehrfachkarte gar nicht braucht, weil sie DAS HIER bestimmt nicht mehrfach erleben will:

Frau Life Science möchte nun ihre Wertsachen einschließen und trifft auf alte Bekannte: Schließanlagen, die ein Mitbringschloss voraussetzen. Das Schraubglas mit den Vorhängeschlössern aus der New Yorker Zeit liegt zuhause im Schreibtisch. Wie konnte Frau Life Science denn ahnen, dass sie das heute hier bräuchte! Aber klar, eine solche Anlage ist wartungsärmer und somit günstiger zu betreiben.
Jetzt steht sie nach dem Anstehmarathon im grotesk überfüllten Bad und kann fast gar nicht ins Wasser, weil sie auf die Wertsachen aufpassen muss. Bei so einem Auflauf von Menschen müssen rein statistisch mindestens zehn Diebe da sein.
Soll sie jetzt nach Hause gehen, oder was? Sicher nicht. Sie richtet ihr Lager quasi direkt neben dem Schwimmbecken auf und versucht, die Sachen im Auge zu behalten.
Wenn man es schon ins Freibad geschafft hat, dann muss man auch rutschen. Vor allem, wenn ein kleiner Junge dabei ist. Das heißt dann wieder: Anstehen. „Kleiner Schatz, wir rutschen nur EINMAL, ok?“, sichert sich Frau Life Science ab. Es dauert ewig, bis man überhaupt, Schrittchen für Schrittchen, die unteren Stufen des Rutschenturms erreicht.
Plötzlich beißt der Forschernachwuchs seiner Mutter in den Po. Auwaaaaaa!!! „Warum beißt du mich denn?“, möchte Frau Life Science wissen. „Mir ist das soooo langweilig“, sagt der Forschernachwuchs. Nicht nur der Forschernachwuchs kriegt Aggressionen bei so vielen Menschen. Frau Life Science möchte auch gerne jemanden beißen!
Apropos rutschen. Beim Nachhausegehen rutscht Frau Life Science dann noch mit Sack und Pack in der Dusch-Schleuse aus, samt Klamotten, die sie schon anhat. Sonnencreme von 20000 Menschen! Schlabber, Schleim, Bakterien! Es war so verdammt glatt! Das Kleid ist komplett nass, aber das ist an einem so heißen Tag dann auch egal. „Du musst besser aufpassen, Mama!“, empfiehlt das Kind.
Ansonsten beschäftigt das aber nur eines: „Gehen wir morgen wieder ins Bad?“
Naja, morgen ist nicht mehr so heiß, dann kommen nur noch halb so viele Menschen. Aber das ist ja dann immer noch viel.